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Rathenaustraße

Dieser Bericht erschien am 15. März 2022 im "Dieburger Anzeiger".


Walter Rathenau

Am 29. September 1867 wird Walther Rathenau als Sohn des jüdischen Industriellen Emil Rathenau und seiner Frau Mathilde (geb. Nachmann) in Berlin geboren.
Er studiert zunächst Physik, Chemie und Philosophie in Berlin und Straßburg und wird 1889 in Berlin über "Die Absorption des Lichts in Metallen" promoviert. Anschließen studiert er Maschinenbau und Chemie an der Technischen Hochschule München.
Von 1893 bis 1898 baut er die von der AEG gegründeten Elektrochemischen Werke Bitterfeld auf.
1897 veröffentlicht er die Schrift "Höre, Israel!", in welcher Rathenau die jüdische Bevölkerung in Deutschland zur Assimilation auffordert. Als Leiter der Abteilung Zentralstationen tritt er 1899 in den Vorstand der AEG ein und wechselt 1902 zur Berliner Handels-Gesellschaft.1904 wird er Mitglied des Aufsichtsrates der AEG, dessen stellvertretender Vorsitzender er 1910 wird, 1912 übernimmt er den Vorsitz.
1907 und 08 unternimmt er zwei Reisen nach Afrika, um Vorschläge für eine künftige deutsche Kolonialpolitik zu machen. In der Schrift "Reflexionen" veröffentlicht er diese. 
1912 bis1917 folgen etliche Publikationen, unter anderen die „Zur Kritik der Zeit“.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs weist er auf die Notwendigkeit der organisierten Rohstoffverteilung hin. Als Leiter der Kriegsrohstoffabteilung im preußischen Kriegsministerium organisiert er die deutsche Kriegswirtschaft.

1918 wirkt er an der Bildung der "Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer" mit, die das Stinnes-Legien-Abkommen schließt. In diesem handeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer tarifrechtliche Vereinbarungen aus.
1919 folgen weitere Veröffentlichungen programmatischer Schriften zum Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.
Als Wirtschaftssachverständiger und Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei arbeitet er 1920 in der 2. Sozialisierungskommission mit und nimmt an der Konferenz von Spa teil, auf der über die deutschen Kohlelieferungen an die Alliierten verhandelt wird.
Mit dem Eintritt in das Kabinett Wirth (1921) als Wiederaufbauminister gibt er alle Ämter in der Wirtschaft auf. Gemeinsam mit dem Finanzminister Matthias Erzberger plädiert er für eine "Erfüllungspolitik", um die Undurchführbarkeit des Versailler Vertrags zu beweisen. Außerdem handelt er das Wiesbadener Abkommen über Sachleistungen der deutschen Wirtschaft für die zerstörten Gebiete Nordfrankreichs aus.
1922 wird er offizieller Vertreter der Reichsregierung bei der Konferenz von Cannes. Er erreicht die Herabsetzung der laufenden deutschen Reparationszahlungen. Im zweiten Kabinett Wirth wird er Außenminister.
Während der Konferenz von Genua, schließt Rathenau den Rapallo-Vertrag mit der Sowjetunion. Dieses bilaterale Abkommen wurde als Beginn einer nach Russland orientierten deutschen Außenpolitik interpretiert.
Am 24. Juni 1922 wird Walter Rathenau von zwei jungen Offizieren, die der rechtsradikalen "Organisation Consul" angehören, erschossen. Das Attentat führt zum Erlass des Republikschutzgesetzes.

Kai-Britt Albrecht, Gabriel Eikenberg, Lutz Walther
© Deutsches Historisches Museum, Berlin 14. September 2014