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Lise-Meitner-Straße

Dieser Bericht erschien am 19. April 2022 im "Dieburger Anzeiger".


Lise Meitner

Am 7. November 1878 wird Lise Meitner als Tochter des Rechtsanwalts Philipp Meitner und seiner Frau Hedwig in Wien geboren. Obwohl beide Elternteile aus jüdischen Familien stammen, lassen sie ihre Kinder protestantisch taufen. Als Frau kann Lise 1901 nur ein externes Abitur machen. Zeitgleich schließt sie ihr Lehrerexamen für Französisch ab. Danach studiert sie Mathematik, Physik und Philosophie in Wien. Im Jahr 1906 promoviert sie über die Wärmeleitung inhomogener Körper. Sie ist die zweite Frau, die eine Promotion ablegen darf. Um sich in der Radiophysik fortzubilden, wechselt sie 1907 nach Berlin, wo sie Vorlesungen bei Max Planck hört, obwohl sich in Preußen Frauen erst zwei Jahre später offiziell immatrikulieren dürfen. Ihre experimentelle Arbeit setzt sie mit Otto Hahn im chemischen Institut fort. Als Frau wird ihr jedoch der Zugang zu den wesentlichen Arbeitsräumen untersagt.

Im Jahr 1909 entdecken Meitner und Hahn zusammen den radioaktiven Rückstoß bei der Aussendung von Alpha-Strahlen. Als erste Frau bekommt Meitner 1912 eine Stelle an der Universität als Assistentin bei Planck in Berlin und wird 1913 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie aufgenommen.
1918 entdeckt sie zusammen mit Hahn das Element Nr. 91 (Protactinium) und übernimmt die Leitung der radiophysikalischen Abteilung am Kaiser-Wilhelm-Institut. Sie widmet sich besonders der Untersuchung von Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung und den damit verbundenen Kernprozessen, die sie international bekannt macht. Als erste Frau kann sich Meitner 1922 in Physik habilitieren. Im Jahr 1925 beweist sie, dass die Gamma-Strahlung immer nach der Emission von Alpha- und Beta-Strahlung vom Tochterkern ausgesandt wird.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) wird ihr die Lehrerlaubnis entzogen. Als österreichische Staatsbürgerin ist sie nach dem "Anschluss" Österreichs im Jahr 1938 von den Nürnberger Rassegesetzen betroffen. Sie flieht über Holland nach Schweden, wo sie eine bescheidene Anstellung am Nobel-Institut für Physik findet. 1939 liefern Meitner und ihr Neffe Otto Robert Frisch (1904-1979) die erste theoretische Deutung der Kernspaltung. Für diese Entdeckung erhält sie 1944 den Nobel-Preis für Chemie.
Weitere Auszeichnungen sind 1955: Otto-Hahn-Preis, 1959: Bundesverdienstkreuz, 1966: zusammen mit Hahn und Straßmann Enrico-Fermi-Preis der Atomenergiekommission der USA. Am 27. Oktober 1968 stirbt Lise Meitner in Cambridge, Groß-Britannien.

Quelle: Silke Maurmair, Levke Harders, © Deutsches Historisches Museum, Berlin14. September 2014 Text: CC BY NC SA 4.0